Ungesund, falsch kalkuliert und oft sinnlos: Dieses Fazit ziehen die Österreicher nicht etwa bei den Weihnachtsgeschenken. So werden, direkt nach den Feiertagen, die aktuellen gesundheitspolitischen Entscheidungen beurteilt. Bereits 51 Prozent der Österreicher sind sich sicher, dass unser Gesundheitssystem in die falsche Richtung läuft. Und 62 Prozent finden, dass die Gesundheitspolitik zu wenig auf die Meinung der Ärztinnen und Ärzte hört.
Das sind nur zwei Hauptergebnisse einer im Auftrag der Wiener Ärztekammer vom 15. bis 22. Dezember 2016 durchgeführten Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Peter Hajek Public Opinion Strategies. Insgesamt wurden 1000 Österreicher telefonisch und online befragt.
„Es sind deutliche Ergebnisse, die der Politik einen klaren Neujahrsvorsatz vorgeben: Endlich auf Arzt und Patient zu hören“, fasst Johannes Steinhart, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, die Resultate aus seiner Sicht zusammen.
Die Pläne der Gesundheitspolitiker fürs neue Jahr werden von der Bevölkerung mit großer Mehrheit abgelehnt: Dass Regierung, Bundesländer und Krankenkassen in der Frage, wo und wann Ordinationen oder Versorgungszentren aufgesperrt werden sollten, künftig ohne Mitspracherecht der Ärztevertreter entscheiden, sehen 73 Prozent der Österreicher als nicht gerechtfertigt an. Gegen die Regierungspläne, Ärztezentren in Zukunft auch von Unternehmern führen zu lassen, sind 71 Prozent.
„Drei von vier Österreichern stehen diesen Vorhaben kritisch gegenüber. Auch wenn vielen Befragten die Details noch nicht bekannt sind, ist es doch ein klares Misstrauensvotum“, unterstreicht Peter Hajek von Public Opinion Strategies. „Die Bevölkerung teilt die Sorgen der Ärztinnen und Ärzte und fürchtet offensichtlich ebenso ein Kaputtsparen des Gesundheitssystems.“
Fehlende Finanzierung und politische Nebelgranaten
Das bestätigt auch Steinhart: „Die Umfrageergebnisse zeigen ganz klar, wie fundamental die Politik im Vorjahr an der Bevölkerung vorbei regiert hat. Die Regierung hat die Wünsche der Patienten erfolgreich ignoriert und offensichtlich daran vorbei agiert.“
Besonders deutlich wird die Stimmung der Bevölkerung beim Thema Finanzierung: 80 Prozent sind sich sicher, dass aufgrund des Bevölkerungswachstums, der Alterung der Gesellschaft und des medizinischen Fortschritts mehr finanzielle Mittel nötig sein werden, während nur 14 Prozent glauben, dass dies nicht der Fall ist. 49 Prozent, also jeder zweite Befragte, ist gegen die von der Bundesregierung geplante Begrenzung der Gesundheitsausgaben.
„Die Patienten haben der Regierung eindeutig die Rute ins Fenster gestellt. Statt politischer Nebelgranaten brauchen wir endlich ein Feuerwerk an Ideen, um die Problemstellen aus Patientensicht zu lösen“, betont Steinhart. Vertrauen haben die Österreicher dabei vor allem in eine Institution: die Ärztekammer. Während nur 18 Prozent dem Gesundheitsministerium vertrauen, legen 35 Prozent in Fragen der Finanzierung des Gesundheitssystems ihr Vertrauen in die ärztliche Standesvertretung. „Hier genießt die Ärztekammer ein deutlich stärkeres Vertrauen als das Gesundheitsministerium im Verhältnis zwei zu eins“, erklärt Hajek.
Für die Ärztekammer sind die Umfrageergebnisse ein klarer Auftrag, sich auch 2017 gegen das Kaputtsparen des Gesundheitssystems aufzulehnen und für eine moderne Gesundheitsversorgung einzutreten. Steinhart: „Das Gesundheitsbarometer macht einmal mehr den dringenden Gesprächsbedarf deutlich und zeigt, dass die Gesundheitspolitik nur gemeinsam mit uns auf einen grünen Zweig kommen wird. Unsere Einladung zu einem runden Tisch steht auch im Jahr 2017.“