Bluthochdruck (Hypertonie) verläuft oft für lange Zeit unbemerkt, kann aber das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erheblich erhöhen, wenn er unbehandelt bleibt. Studien zufolge leidet in Mitteleuropa einer von vier Erwachsenen unter Bluthochdruck, bei den wenigsten Patienten lässt sich aber eine eindeutige Ursache dafür erkennen.
Bei bis zu 10% der Hypertonie-Patienten ist jedoch eine Überproduktion des Nebennierenhormons Aldosteron als Krankheitsursache bekannt.
Diese Störung wird als primärer Hyperaldosteronismus (PHA) oder – nach dem Erstbeschreiber – Conn-Syndrom bezeichnet. Im Gegensatz zu dem wesentlich häufigeren sekundären Hyperaldosteronismus beruht das Conn-Syndrom auf einer Hyperplasie der Nebennierenrinde und ist durch eine weitgehend autonome, vermehrte Produktion des Steroidhormons Aldosteron gekennzeichnet. Aldosteron aktiviert den Mineralocorticoidrezeptor und bewirkt die Ausscheidung von Kalium sowie die Rückresorption von Natrium im distalen Tubulus der Niere. In der Folge erhöht sich der Natriumspiegel im Blut und es kommt zu einer verstärkten Wasserretention. Das Blutvolumen erhöht sich und damit steigt der Blutdruck.
Wird bei den Conn-Syndrom-Patienten verstärkt Aldosteron ausgeschüttet, ist der Wasser-Elektrolyt-Haushalt gestört und es kommt zu einer Elektrolytverschiebung im Blut: Der Kaliumspiegel sinkt und der Natriumspiegel steigt über die Normalwerte hinaus. Die Folge sind ein stark erhöhter Blutdruck und die damit verbundenen kardiovaskulären Risiken.
Der Fokus bei der Behandlung von Conn-Syndrom-Patienten liegt bisher in der Regel auf Medikamenten, die die Folgen eines erhöhten Aldosteronspiegels bekämpfen, vor allem werden Mineralocorticoidrezeptor-Blocker eingesetzt.
Eine Forschergruppe an der Universität von Birmingham hat nun gefunden, dass bei sehr vielen Conn-Syndrom-Patienten die Nebennieren nicht nur Aldosteron, sondern auch das Stresshormon Cortisol vermehrt ausschütten.
Mit diesem Befund lassen sich eine Reihe von Komorbiditäten erklären, die bei Conn-Syndrom-Patienten verstärkt auftreten: Dazu gehören vor allem Osteoporose, Depression und Diabetes Typ II. Diese Symptome können nicht unmittelbar auf einen erhöhten Aldosteronspiegel zurückgeführt werden, decken sich aber sehr wohl mit einem erhöhten Cortisolspiegel: Sie sind charakteristisch für das Cushing-Syndrom.
Die Wissenschaftler der Forschungsgruppe in Birmingham vermuten, dass die bisher übliche Unterscheidung zwischen Conn-Syndrom und Cushing-Syndrom nicht so eindeutig ist wie bisher vermutet. Sie schlagen für die simultane Überproduktion von Aldosteron und Cortisol den Begriff „Connshing-Syndrom“ vor.
Bisher wurde angenommen, dass Conn-Syndrom-Patienten nur in seltenen Ausnahmefällen gleichzeitig eine Cortisol-Überproduktion zeigen; systematische Studien dazu liegen bisher noch nicht vor. Die medikamentöse Behandlung des Conn-Syndroms zielt daher zurzeit auch nur auf den erhöhten Aldosteronspiegel der betroffenen Patienten ab.
Die neuen Forschungsergebnisse aus Birmingham deuten darauf hin, dass zukünftig genauer überprüft werden muss, ob ein Patient am Conn-Syndrom oder am Connshing-Syndrom leidet. Die Studie lässt vermuten, dass eine Behandlung des primären Hyperaldosteronismus mit einem Mineralocorticoidrezeptor-Blocker allein nicht ausreicht, wenn ein Connshing-Syndrom vorliegt.
Weitere Untersuchungen müssen zeigen, inwiefern sich der Gesundheitsstatus von Patienten mit Conn-Syndrom verbessern lässt, wenn eine mögliche Cortisol-Überproduktion parallel behandelt wird. Die Ergebnisse der Studie lassen vermuten, dass mit einer zusätzlichen Behandlung des Glucocorticoid-Überschusses das kardiovaskuläre Risiko gemindert werden kann.
Literatur:
Arlt, W. et al. (2017) Steroid metabolome analysis reveals prevalent glucocorticoid excess in primary aldosteronism, JCI Insight, 2 (8); DOI: 10.1172/jci.insight.93136