Der Einsatz der Massenspektrometrie (MS) in der klinischen Diagnostik hat in den letzten Jahren zugenommen. Die Entwicklung der Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (LC/MS, HPLC-MS) erweitert die Forschungsmöglichkeiten der MS und sowie deren Nutzungsumfang. Gegenwärtig gibt es nur wenige routinemäßig eingesetzte MS-basierte Diagnoseverfahren im Vergleich zu traditionellen klinischen Analysesystemen auf Grundlage biochemischer Assays und Immunoassays. Einige gut dokumentierte Fälle belegen die Überlegenheit von Assays der Flüssigkeitschromatographie mit Tandemmassenspektrometrie (LC-MS/MS) gegenüber Immunoassays, insbesondere bei der Steroidanalyse.
Klinische Anwendungen der MS lassen sich in Screening und Zielanalyse unterteilen. Screeningverfahren dienen dazu, Biomarker von Krankheiten, Medikamenten oder Toxinen zu erkennen. Richtigkeit, Genauigkeit und Bestätigung der analytischen Identität sind die Hauptziele der Zielanalyse und der quantitativen Analyse.
Verschiedene MS-Verfahren und -Techniken werden in dieser Literaturübersicht vorgestellt.
Neugeborenenscreening
Neugeborenenscreening (NBS) auf angeborene Stoffwechselstörungen ist ein koordiniertes Gesamtsystem mit Screening, Nachverfolgung abweichender Testergebnisse, Bestätigungsuntersuchungen, Diagnostik, Behandlung und Bewertung von periodischen Ergebnissen.
Das American College of Medical Genetics (ACMG) hat 29 Bedingungen ermittelt, für die ein Screening mit Tandemmassenspektrometrie (MS/MS) angeordnet werden sollte und weitere 25 Bedingungen für die Erstellung eines vollständigen MS-/MS-Profils.
Damit ist MS/MS zu einer wichtigen Technik im Neugeborenenscreening geworden, LC-MS/MS wird in vielen Ländern für die Routineuntersuchung eingesetzt. Die vorliegende Arbeit enthält eine umfangreiche Übersichtstabelle (Table 1: Newborn screening for IEM detected by MS/MS in selected countries) zu verschiedenen angeborenen Stoffwechselstörungen (IEM – inborn errors of metabolism) und Ländern, in denen MS/MS für deren Erkennung eingesetzt wird.
Vitamin-D-Mangel
Vitamin-D-Mangel führt zu Skeletterkrankungen und anderen Gesundheitsproblemen. Es gibt verschiedene Laboruntersuchungen, die für die Messung des Serum-Vitamin-D-Spiegels verwendet werden. Typischerweise wird das Gesamtvolumen von 25-Hydroxyvitamin gemessen. 25-Hydroxyvitamin-D2 und -D3 werden in der Regel in klinischen Labors evaluiert. Bis vor Kurzem wurden diese Parameter mit Hilfe von Immunoassays geschätzt, dabei konnte nicht unterschieden werden zwischen 25-Hydroxyvitamin-D2 und -D3. Diese Unterscheidung ist nun mit der einfacheren LC-MS/MS-Technik möglich; was die Diagnostik effektiver machen kann.
Therapeutisches Drug Monitoring von Immunsuppressiva
Der enge therapeutische Index der Immunsuppressiva (Immunosuppressive Drugs, ISD)
ist Anlass für das Therapeutische Drug Monitoring (TDM, Medikamentenüberwachung) für diese Medikamentengruppe. Auch die interindividuelle Variabilität (Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Nährstoffen bzw. Krankheiten, Niereninsuffizienz, Infektionen, Geschlecht, Alter und Lebermasse) haben Einfluss auf die Dosierung dieser Medikamente. TDM kommt am häufigsten zum Einsatz, um die tatsächliche Wirkstoffkonzentration von Ciclosporin, Tacrolimus, Sirolimus und Mycophenolsäure bei Patienten abzuschätzen.
Weitere Einsatzbereiche für Massenspektrometrie in der Diagnostik
- endokrine Störungen, beispielsweise bei Steroiden,
- Metabolomik, die Identifizierung und Quantifizierung kleiner Moleküle im Körper
- Proteomik, die Forschung rund um Proteinfunktionen und -expression,
- Toxikologie, die Erforschung schädigender chemischer und physikalischer Effekte im Körper bei konkreten Expositionen,
- Mikrobiologie: Bestimmung und Typologie von Bakterien, Empfindlichkeit für Antibiotika etc.
Die Analyse der ausgeatmeten Luft bei Erkrankungen wie Asthma und Rhinitis, Identifikation von Biomarkern bei kardiovaskulären Erkrankungen, Messung von Neurotransmittern und zahlreichen Metaboliten sind einige weitere Einsatzgebiete für die Massenspektrometrie.