Netzwerke der Hirnaktivität prognostizieren die Anfälligkeit für Depressionen

Jeff Macinnes und Kafui Dzirasa, Forscher von der Duke University (North Carolina, USA), haben Netzwerke abweichender elektrischer Hirnaktivität bei Mäusen entdeckt, die anfälliger für die Entwicklung depressiver Symptome nach Stressereignissen waren als belastbarere Mäuse.

Laut Dzirasa geht es darum, eine elektrische Karte des Gehirns im Hinblick auf Depressionen zu erstellen. „Wir hoffen diese als prädiktive Signatur für Depressionen verwenden zu können, so wie den Blutdruck für das spätere Auftreten eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls.”

Die meisten Menschen erleben irgendwann in ihrem Leben erhebliche Stressfaktoren wie den Tod eines geliebten Menschen, einen Arbeitsplatzverlust oder eine belastende medizinische Diagnose. Emotionen wie Trauer, Angst oder Wut können die Folge sein. Aber während einige in der Lage sind sich relativ schnell zu erholen, entstehen bei anderen psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzustände.

In den letzten drei Jahrzehnten haben Neurowissenschaftler mit Hilfe von bildgebenden Verfahren und elektronischer Überwachung untersucht, ob die Aktivität in einzelnen Hirnregionen die Prädisposition eines Menschen für die Entwicklung von psychischen Erkrankungen anzeigen kann.

Im Jahr 2010 entwickelten die Autoren eine Technik, um die elektrische Aktivität in vielen Regionen des Mausgehirns gleichzeitig zu überwachen. Es konnte gezeigt werden wie verschiedene Bereiche des Gehirns zusammenarbeiten, um bestimmte mentale Zustände zu erzeugen.

„Man kann sich verschiedene Hirnregionen wie einzelne Instrumente in einem Orchester vorstellen”, sagte Dzirasa. „Uns interessiert nicht nur, was jedes Instrument macht, sondern auch wie sich die Instrumente aufeinander abstimmen, um Musik zu erzeugen.”

Im Experiment wurde jede Testmaus in einem Käfig mit einer größeren und aggressiveren Maus untergebracht. Nach zehn Tagen Aufenthalt bei diesem kämpferischen Mitbewohner entwickelten viele Mäuse Symptome, die einer Depression beim Menschen ähneln, einschließlich Angst, sozialer Vermeidung und Schlafstörungen.

Vor und nach dem Stress-Erlebnis wurde die Hirnaktivität in sieben verschiedenen Hirnregionen gemessen, die mit Depressionen in Verbindung gebracht werden, darunter präfrontaler Kortex, Amygdala und Hippocampus.

Mit maschinellen Lerntechniken konstruierten die Forscher „Hirnmusik” für jede Maus. Sie fanden heraus, dass die Mäuse, die Depressionen entwickelten, vor und nach dem Stresstest andere Gehirnaktivitätsmuster zeigten als diejenigen, die sich gegenüber dem Stress-Erlebnis als resilienter erwiesen.

Perspektiven

In dem Versuchsansatz mit Überwachung der Netzwerke der elektrischen Hirnaktivität sehen Wissenschaftler einen wichtigen neuen Ansatz, um nicht nur Depressionen, sondern auch andere psychische Erkrankungen vorauszusagen und verstehen zu können – vorausgesetzt die Ergebnisse an Mäusen lassen sich auf Menschen übertragen.

Aber auch im Hinblick auf die Behandlung von Depressionen sind die Versuchsergebnisse von Bedeutung: Bis heute bleibt die mit vielen Nebenwirkungen verbundene Elektrokonvulsionstherapie die effektivste Behandlungsmethode bei Depressionen. Der gezielte, genau dosierte Einsatz von Strom könnte eine Behandlung ohne die Nebenwirkungen der traditionellen Methode mit ihrem ungerichteten Stromeinsatz ermöglichen.

Literatur

Rainbo Hultman, Kyle Ulrich, Benjamin D. Sachs, Cameron Blount, David E. Carlson, Nkemdilim Ndubuizu, Rosemary C. Bagot, Eric Parise, Mai-Anh T. Vu, Neil M. Gallagher, Joyce Wang, Alcino J. Silva, Karl Deisseroth, Stephen D. Mague, Marc G. Caron, Eric J. Nestler, Lawrence Carin and Kafui Dzirasa. Brain-wide Electrical Spatiotemporal Dynamics Encode Depression VulnerabilityCell, March 1, 2018; DOI: 10.1016/j.cell.2018.02.012

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