Schwindelgefühle sind für viele Menschen ein Thema. Für den Arzt ist es schwierig, diese objektiv nachzuvollziehen, meistens bleibt nur die Möglichkeit einer visuellen Einschätzung. Hier setzt Equivert an, ein neues System, das genaue Schwindeldiagnosen stellen kann. Außerdem können Patienten damit ihr Gleichgewicht trainieren.
Für Patienten ist Schwindel, bei dem sich subjektiv empfunden alles dreht oder schwankt, nach Schmerzen der häufigste Grund eine allgemeinmedizinische Praxis aufzusuchen. Diagnose und Behandlung sind gleichermaßen schwierig. Kann der Patient mit geschlossenen Augen ruhig stehen oder auf der Stelle gehen? Die Beantwortung dieser Frage dient der Diagnostik, Training soll die Schwindelproblematik reduzieren. Allerdings mangelt es an Geräten und Maßnahmen für Übungen zuhause.
Neues System hat Diagnose und Training im Fokus
Das neuartige System Equivert wurde entwickelt von Mitarbeitern des Duisburger Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS, der Universität Duisburg-Essen, der GED Gesellschaft für Elektronik und Design mbH und der HNOnet NRW eG.
„Mit unserem System Equivert, das zum einen aus dem Screening-Gerät Equimedi in Form eines Kopfhörers sowie entsprechender Software besteht, können Ärzte den Schwindel objektiv bewerten. Zum anderen sind Betroffene in der Lage, mit dem Trainingsgerät Equifit den Schwindel auf einfache, sichere und effiziente Weise zu verbessern”, sagt Burkhard Heidemann, Gruppenleiter am IMS.
Kann Training bei Schwindel helfen?
Im gesunden Körper sind verschiedene Organ- und Funktionssysteme dafür zuständig, dass wir sicher stehen und schwindelfrei laufen können. Das Innenohr, die Augen, die dem Gehirn Informationen liefern, und Sensoren in Haut, Gelenken, Muskeln und Sehnen wirken zusammen, damit wir das Gleichgewicht halten. Gesundheitliche Störungen in verschiedenen Bereichen können zu Schwindel führen, dementsprechend sind unterschiedliche Trainings angezeigt.
Equivert hilft wie eine Einparkhilfe
Das Trainingsgerät Equifit des Systems ist mit diversen integrierten Sensoren ausgestattet. Darüber erhält der Patient beispielsweise die Anweisung geradezustehen. Beim Schwanken nach rechts ertönt von dieser Seite ein Signal wie bei einer Einparkhilfe. Reagiert der Proband angemessen, kann der Schwierigkeitsgrad erhöht werden. Das System arbeitet also mit einem Feedback für die Ohren mit ihrer bekannten Bedeutung für das Gleichgewicht.
Die Bedienung des Kopfhörers erfolgt intuitiv – wird er in die Hand genommen, schaltet er sich ein und gibt akustische Informationen, beispielsweise zur Regulierung der Lautstärke. Gesten, Nicken oder Kopfschütteln erkennt die moderne Bedienersteuerung ebenfalls. Auch die Anweisungen für das tägliche Training gibt es „auf die Ohren” und das intelligente System reagiert mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden der Trainingsprogramme auf die Patientenleistungen. Ohne Überforderung und Frust – das System passt sich mit angemessenen Steigerungsraten dem Patienten an.
Schwindel kann objektiv diagnostiziert werden
Nicht nur die Trainingsmöglichkeiten mit der intelligenten Reaktion auf den Patienten sind erstaunlich, das System Equivert hilft Ärztin/Arzt auch auf bei der objektiven Schwindeldiagnostik. Mit den integrierten Beschleunigungs- und Drehratensensoren werden die Schwankungen des Patienten genau erfasst. Diese werden digital an den Rechner des Behandelnden geleitet und dort anschaulich aufbereitet. „Mit dem Analyseprogramm Equisoft kann der Arzt Schwindel erstmals objektiv diagnostizieren”, so Fraunhofer-Gruppenleiter Heidemann.
Die medizinische Zulassung soll fast abgeschlossen sein und die ersten Equivert-Systeme für die Praxis werden für Mai 2018 angekündigt.