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Medizinische Universitäten kritisieren Forderung nach Verdoppelung der Medizin-Studienplätze in Österreich

„In Österreich gibt es keinen ÄrztInnenmangel

Die Rektoren der drei Medizinischen Universitäten in Österreich – Hellmut Samonigg (Med Uni Graz), W. Wolfgang Fleischhacker (Med Uni Innsbruck), und Markus Müller (MedUni Wien) – kritisierten bei einer Pressekonferenz in Wien die politisch geforderte Verdoppelung der Studienplätze für das Fach Medizin. Sie stellten gemeinsam klar, dass mehr Studierende und mehr künftige ÄrztInnen die „völlig falsche Strategie“ wider den drohenden Ärztemangel ist und dass eine Verdoppelung der Plätze sogar negative Folgen für den Standort Österreich haben würde. Vielmehr müssten bereits jahrelang bestehende „Fehler im System“ behoben und die Rahmenbedingungen für die ärztliche Tätigkeit in Österreich verbessert werden, um die Attraktivität zu erhöhen.

„Österreich ist schon jetzt ein Nettoproduzent von Ärztinnen und Ärzten für die ganze Welt, ein Ausbau der Studienplätze würde das nur verstärken. Wir würden mit österreichischem Steuergeld nur noch mehr Medizinerinnen und Mediziner für andere Länder ausbilden“, betonte MedUni Wien-Rektor Markus Müller. Umgerechnet auf die Bevölkerung habe Österreich im internationalen Vergleich schon jetzt eine sehr hohe Anzahl an AbsolventInnen im Fach Medizin. Allerdings beginnen laut aktuellen Statistiken nur sechs von zehn von ihnen in Österreich zu arbeiten.

Einige PolitikerInnen hatten zuletzt eine Verdoppelung der Studienplätze gefordert und dies als „die“ Lösung der Versorgungsprobleme im Gesundheitswesen propagiert. „Dieser Einschätzung wollen wir heute ganz deutlich widersprechen – das ist sicher der völlig falsche Ansatz“, betonten die Rektoren unisono.

Hohe Ärzte-Dichte, Fehler im System

Vielmehr gebe es in Österreich eine sehr hohe ÄrztInnen- und AbsolventInnen-Dichte. In den 1980er-Jahren noch gab es in Österreich rund 20.000 ÄrztInnen. „Damals war von einer Ärzteschwemme die Rede“, erinnert sich Med Uni Graz-Rektor Hellmut Samonigg. „Heute ist diese Zahl auf rund 45.000 angestiegen. Nun wird allerdings das Szenario eines drohenden Ärztemangels skizziert.“ Dieser sei vor allem regional zu diagnostizieren, Probleme bestünden insbesondere am Land und in bestimmten Fächern, zum Beispiel in der Allgemeinmedizin – aber nicht durchgängig bundesweit. Und diese seien auch künftig nicht zu erwarten.

Generell sei es daher wichtig, die klar erkennbaren Mängel im System zu beheben, als noch mehr ÄrztInnen zu „produzieren“. “Österreich schafft es einfach nicht, seine AbsolventInnen im Land zu halten, weil das System nicht attraktiv genug ist, und daher gelingt es uns auch nicht, Deutsche oder Schweizer nach Österreich zu locken. Die Stärke eines Standorts hängt ja auch davon ab, Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuziehen und das gelingt nicht”, kritisiert Rektor Müller. Es müssten daher durch politische Maßnahmen vielmehr bessere Arbeitsbedingungen und vor allem andere Praxisformen und andere Kulturen der Zusammenarbeit zwischen den Ebenen der ambulanten Versorgung geschaffen werden, um die Attraktivität des Standorts Österreich zu steigern.

„Die Universitäten können das akute Verteilungsproblem nicht lösen. Wir stehen aber in stetigen Gesprächen mit den politischen Entscheidungsträgern, den Ärztekammern und den Sozialversicherungsträgern und sind bemüht, die Situation zu entschärfen, etwa indem wir in bestimmten Mangelfächern, wie Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Pathologie die Ausbildung vertiefen und Lehrpläne aktualisieren“, ergänzt W. Wolfgang Fleischhacker, Rektor der Med Uni Innsbruck.

Rektor Hellmut Samonigg weist darauf hin, dass die drei Medizinischen Universitäten gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät der Universität Linz bereits konkrete Maßnahmen erarbeitet haben, um von Seiten der Universitäten dazu beizutragen, dass Studierende nach Ende des Studiums noch besser als bisher motiviert sind, einen ärztlichen Beruf im niedergelassenen Bereich zu ergreifen. Diese Maßnahmen sehen an der Med Uni Graz beispielsweise die Implementierung eines Erweiterungsstudiums für Allgemeinmedizin vor.

Basisausbildung als Hürde

Eine der größten angesprochenen Hürden für junge MedizinerInnen stellt die so genannte Basisausbildung nach Abschluss des Medizinstudiums dar: Für alle AbsolventInnen – unabhängig von ihrer persönlichen Ausrichtung zu FachärztInnen oder AllgemeinmedizinerInnen – ist in Österreich eine neunmonatige Basisausbildung vorgeschrieben. Derzeit kann diese in sehr vielen Fällen allerdings nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung absolviert werden. „Aus gezielten AbsolventInnenbefragungen in Tirol wissen wir, dass ein Großteil unserer AbsolventInnen in Österreich bleiben will. Der aktuelle Mangel an Basisausbildungsplätzen in den Spitälern durchkreuzt diese Pläne allerdings und verschärft die Situation, denn für viele bleibt derzeit nur der Weg ins benachbarte Ausland, um ihre Ausbildung ohne Wartezeit abschließen zu können“, gibt Med Uni Rektor Fleischhacker zu bedenken.

Appell an die Politik, die Unis nicht zu schwächen

Eine Verdoppelung der Studienplätze hätte aus Sicht der Rektoren zudem einen zusätzlichen negativen Effekt: „Für die Unis würde das ein Abgehen von der in den vergangenen Jahren verfolgten und erfolgreichen Strategie bedeuten, unsere Position im internationalen Bereich zu verbessern. Das würde nämlich unser Betreuungsverhältnis dramatisch verschlechtern, uns in den Uni-Rankings massiv nach unten treiben und hätte gravierende Auswirkungen für die Forschung zur Folge. Daher müssen wir an die Politik appellieren, die Unis nicht zu schwächen“, sagten die Rektoren der drei heimischen Medizinischen Universitäten.

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