Wenn in der Öffentlichkeit über einen möglichen, drohenden Mangel an ÄrztInnen gesprochen wird, dann insbesondere im Zusammenhang mit der Allgemeinmedizin. HausärztInnen werden schon jetzt dringend gesucht, aber nicht, weil es zu wenig MedizinerInnen in Österreich gibt, sondern weil es ein Verteilungsproblem gibt. Die meisten JungärztInnen entscheiden sich für einen anderen Berufsweg als jenen des Hausarztes oder der HausärztIn. Um diesem Trend entgegenzuwirken, bietet die MedUni Wien im Rahmen des Klinisch-praktischen Jahrs (KPJ) im Medizinstudium seit dem Wintersemester 2018/2019 das KPJ-Exzellenzprogramm Allgemeinmedizin an – mit steigendem Interesse bei den Studierenden. Für die nächste Runde kann man sich noch bis 31. Jänner 2020 anmelden.
„Wir nehmen als Medizinische Universität Wien unsere Verantwortung für die Gesundheitsversorgung der Österreicherinnen und Österreicher wahr und wollen insbesondere die optimale Versorgung mit HausärztInnen sichern, indem wir schon im Studium dieses Fach attraktiver machen“, sagt Andreas Sönnichsen, Leiter der Abteilung für Allgemein- und Familienmedizin am Zentrum für Public Health der MedUni Wien. „Ich sage meinen Studierenden immer: ich brauche die Besten von euch für die Allgemeinmedizin.“
Praktische Erfahrung sammeln in Wien – und künftig auch in Niederösterreich
Grundsätzlich können schon jetzt die Studierenden der MedUni Wien im Klinisch-Praktischen Jahr zwei bis vier Monate auf Basis eines Ausbildungsplans in der allgemeinmedizinischen Praxis verbringen. Um diesen Weg noch attraktiver zu gestalten, wurde das Exzellenzprogramm Allgemeinmedizin ins Leben gerufen. Dieses ist eine der wichtigsten Maßnahmen – es ermöglicht Studierenden an der MedUni Wien im Rahmen des KPJ praktische Einblicke in das breite und spannende Berufsfeld der Allgemeinmedizin zu erhalten und über einen Zeitraum von acht oder 16 Wochen in einer akkreditierten, allgemeinmedizinischen Lehrordination als Assistenz mitzuarbeiten. „Es ist die einmalige Chance, während des Medizinstudiums praktische Erfahrungen im niedergelassenen Bereich zu sammeln.“
Zusätzlich bietet das Programm die Möglichkeit, in anderen Wiener Gesundheitseinrichtungen – wie zum Beispiel beim Ärztefunkdienst oder bei den Psychosozialen Diensten Wien – zu hospitieren und die gesamte Versorgungslandschaft in der Bundeshauptstadt kennenzulernen. Begleitend gibt es Fortbildungen, Vernetzungsveranstaltungen und die Betreuung durch erfahrene MentorInnen.
Bis jetzt gibt es dieses Angebot – die Studierenden erhalten dafür eine entsprechende Aufwandsentschädigung, genauso wie bei einem KPJ im Spital – in Zusammenarbeit mit Stadt Wien und den Wiener Krankenversicherungsträgern ausschließlich in Wien, ab dem Wintersemester 2020/2021 nun aber auch in Niederösterreich. „Damit ermöglichen wir es auch jenen Studierenden, die aus Niederösterreich zum Studieren nach Wien pendeln, diesen Teil des klinisch-praktischen Jahres in ihrer unmittelbaren Umgebung zu absolvieren“, erklärt Kathryn Hoffmann von der Abteilung für Allgemein- und Familienmedizin der MedUni Wien. Die involvierten AllgemeinmedizinerInnen wirken gleichzeitig auch als Mentorinnen und Mentoren, wofür sie eine entsprechende Schulung an der MedUni Wien erhalten.
In Wien ist das Interesse steigend: Im ersten Jahr mit 12 Studierenden gestartet, sind es jetzt 17 und im kommenden Semester voraussichtlich rund 30, die sich der Allgemeinmedizin verschreiben wollen. Sönnichsen: „An der MedUni Wien beginnen pro Jahr 660 StudentInnen das Studium der Humanmedizin, unser Ziel ist es, jeweils zehn Prozent davon nachhaltig für den Berufsweg Hausarzt gewinnen zu können. Das wäre schon ein großer Schritt in die richtige Richtung, um den Nachwuchs an ÄrztInnen im niedergelassenen Bereich anzukurbeln.“
Alle Detail-Infos zum KPJ-Exzellenzprogramm gibt es im dazugehörigen Folder auf der Website der MedUni Wien. Das Exzellenzprogramm Allgemeinmedizin wurde 2018 in Zusammenarbeit von Stadt Wien, den Wiener Krankenversicherungsträgern und der MedUni Wien ins Leben gerufen.
Neben dem Exzellenzprogramm hat die MedUni Wien außerdem ein neues Wahlfach Allgemeinmedizin im Studium verankert. Internationale Untersuchungen zeigen deutlich: je früher man mit diesem Bereich konfrontiert wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, später dieses Fach zu ergreifen. Weitere Maßnahmen sollen folgen.