Das Österreichische Neugeborenen-Screening (ÖNGS) ist eine Erfolgsgeschichte seit den 1960er Jahren. Es gewährleistet jährlich etwa 100 Neugeborenen mit einer schweren angeborenen Erkrankung, rasch nach der Geburt diagnostiziert zu werden. Das ermöglicht den frühen Einsatz helfender Therapien. Seit Juni 2021 wird im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts auch auf spinale Muskelatrophie (SMA) und angeborene Immundefizienzen (SCID) in Österreich gescreent. Das Österreichische Neugeborenen-Screening ist eines der umfangreichsten Präventionsprogramme in Europa. Am 28. Juni ist Internationaler Tag des Neugeborenen-Screenings.
In Österreich werden alle neugeborenen Babys, etwa 90.000 Kinder pro Jahr, kostenlos auf angeborene seltene Erkrankungen gescreent. Oberstes Ziel der Früherkennung ist eine rasche Behandlung und damit gebesserte Lebensqualität für die Kinder und deren Familien. Begonnen hat alles 1966 mit einer Krankheit, der Phenylketonurie. Weltweit wurden seit Beginn dieser revolutionären präventiv-medizinischen Maßnahme 62.000 PatientInnen mit Phenylketonurie entdeckt. Die Neugeborenen-Screening Programme wurden aufgrund medizinischer und technischer Fortschritte laufend erweitert und angepasst. Im Jahr 2021 wurden weltweit etwa 38.000 PatientInnen mit seltenen angeborenen Erkrankungen gefunden. In Österreich waren es 131.
Die Möglichkeit neuer technischer Analysen im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Behandlungen ergibt die Notwendigkeit der kontinuierlichen Erweiterung des Neugeborenen-Screening-Panels. So wird seit Juni 2021 im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts auf spinale Muskelatrophie (SMA) und angeborene Immundefizienzen in Österreich gescreent. Die spinale Muskelatrophie wurde im Laufe der vergangenen Monate weltweit in vielen Ländern in die Neugeborenen-Screening Programme aufgenommen.
In Österreich konnten im ersten Jahr zwölf Neugeborene mit spinaler Muskelatrophie und zwei mit schweren angeborenen Immundefizienzen gefunden werden und zum idealen Zeitpunkt einer Therapie zugeführt werden, d.h. vor dem Auftreten erster Symptome. Dies ist entscheidend, denn es gilt die Behandlung vor dem Auftreten der Erkrankung zu starten. Dadurch erhalten diese Kinder eine für ihr Leben entscheidende frühzeitige Therapie zur Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes und Verbesserung ihrer Lebensqualität.
Diese Erfolge sind dem erweiterten Neugeborenen-Screening in Österreich zu verdanken, welches als Programm der Medizinischen Universität Wien läuft und über das Wissenschaftsministerium finanziert wird.
Erfolge wie bei der spinalen Muskelatrophie unterstreichen die Wichtigkeit für ein ÖNGS Programm. Ziel ist es, dass in Zukunft in das Neugeborenen-Screening weitere angeborene Erkrankungen aufgenommen werden können, wenn die Kriterien für eine schwere frühzeitige Erkrankung und eine frühzeitige Behandlung erfüllt sind, unabhängig davon, nach welcher analytischen Methode das Screening erfolgt. Da es sich fast ausschließlich um vererbte Erkrankungen handelt, die oft erst durch die Fortschritte der genetischen Untersuchungen frühzeitig gefunden werden können, muss auch die niederschwellige Untersuchung von genetischen Auffälligkeiten im Rahmen des ÖNGS ermöglicht werden.
Im Fokus bleibt immer das primäre Ziel des Österreichischen Neugeborenen-Screenings, jene Kinder, die durch eine schwere angeborene Erkrankung gefährdet sind, im Sinne einer Präventionsmedizin frühzeitig zu finden und einer Therapie zuzuführen.