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Neue Präventionsmöglichkeiten bei RSV

In diesem Bild ist ein Rendering eines Virus zu sehen.

Credit: Unsplash.com

Die „großen drei“ waren letzten Winter eine große Belastung für das Gesundheitssystem. Gemeint sind COVID-19, Influenza und RSV (Respiratorisches-Synzytial-Virus). Gegen COVID-19 und Influenza gab es allerdings eine Impfung, bei RSV stand bisher nur eine passive Immunisierung für Risikosäuglinge zur Verfügung. Das Virus ist aber für beide Seiten des Altersspektrums problematisch, bei älteren Menschen fordert es ähnlich viele Opfer wie die Influenza. Nun gibt es neue Präventionsmöglichkeiten. Impfstoffe für Menschen über 60 Jahre wurden bereits zugelassen und werden vom Nationalen Impfgremium empfohlen. Außerdem wurde ebenfalls ein Impfstoff für Schwangere zugelassen und Schwangere können sich auf Wunsch impfen lassen, um die schützenden Antikörper an das Baby weiterzugeben. Die bereits etablierte passive Immunisierung für Risikosäuglinge und Frühgeborene ist nach wie vor verfügbar. Eine neue, länger anhaltende passive Immunisierung für alle Säuglinge wird für nächstes Jahr erwartet.

Häufige Erkrankung

Hochrechnungen internationaler Studien zeigen, dass RSV-Infektionen bei Kleinkindern und Säuglingen häufig sind. „Konkret ist in Österreich von 54.600 infizierten Kindern, 11.000 bis 22.000 Infektionen der unteren Atemwege und 1.100 mit obstruktiver Bronchitis hospitalisierten Kindern auszugehen“, berichtet Priv. Doz.in Dr.in Monika Redlberger-Fritz vom Zentrum für Virologie der Medizinische Universität Wien.

„Ähnliches gilt für ältere Menschen“, betont Prim. Priv.-Doz. Dr. Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie, Klinik Floridsdorf. Sowohl in der EU als auch in den USA registriert man pro Jahr jeweils etwa 150.000 bis 200.000 Hospitalisierungen älterer Menschen aufgrund von RSV unter Senioren, mehr als bei Kleinkindern. Rund 90 % der Betroffenen sind dabei älter als 65 Jahre alt. 10.000 bis 15.000 Todesfälle bei Personen höheren Alters werden dort RSV zugerechnet.[1],[2]

Akute und langfristige Probleme

„Betroffene Säuglinge leiden aufgrund der schlecht belüfteten Lungen in der akuten Phase oft unter Atemnot, leicht erkennbar am schnellen und angestrengten Atmen“, erklärt Prim. MedR. Ass.-Prof. DDr. Peter Voitl, MBA vom Ersten Wiener Kindergesundheitszentrum Donaustadt. „Wird diese zu groß, führt am Spital kein Weg vorbei, da solchen Kindern unbedingt Sauerstoff verabreicht werden muss.“

Wenn die akute Phase überstanden ist, bleiben allerdings oft noch langfristige Probleme. Die in Mitleidenschaft gezogenen Lungen bleiben noch über viele Monate empfindlich. Das bedeutet, dass diese Kinder auch für andere Krankheitserreger besonders anfällig sind und eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für schwere Verläufe haben.

„Auch Erwachsene mit einem schweren Verlauf (betrifft etwa 15 von 100.000 Infektionen, mit deutlichem Anstieg mit zunehmendem Alter[3]) müssen im Spital aufgenommen und dort im Schnitt 12 Tage lang behandelt werden“, erläutert Valipour. Der Anteil der hospitalisierten Personen, die auf die Intensivstation gebracht werden müssen oder versterben, sei sogar um 40 bis 60 Prozent höher als bei Influenza.[4]

Krankheitskosten in Millionenhöhe

„Neben all dem Leid durch die Erkrankung verursacht RSV auch erhebliche Kosten im Gesundheitssystem“, berichtet Mag.a Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH). Das hat eine Krankheitskostenanalyse des Instituts für Pharmaökonomische Forschung (IPF) im Auftrag des ÖVIH ergeben. Den Berechnungen zufolge kommt es in Österreich zu RSV-bedingten Krankheitskosten pro Jahr in der Höhe von knapp 248 Millionen Euro. Davon entfallen rund 41 Millionen Euro auf die direkten Kosten und der überwiegende Teil von 83,5 % auf die indirekten Kosten. Bei den direkten Kosten stellen in der Gruppe der Säuglinge, die ja als besonders gefährdete Gruppe gelten, die Krankenhauskosten die größte Kostenkomponente dar. Bei den Erwachsenen sind vor allem die Arbeitsausfallskosten relevant und betragen mehr als 1.300 Euro pro Patient:in.

Neue Schutzmöglichkeiten verfügbar

„Neue Präventionsmaßnahmen sind nun verfügbar und sollten so schnell wie möglich zum Einsatz kommen. Nicht zuletzt, um die hohe Spitalsauslastung aufgrund von RSV, die gerade in Zeiten, in denen weitere respiratorische Viren zirkulieren, zu Engpässen führen kann, zu reduzieren“, betont Virologin Redlberger-Fritz.

Dieses Jahr wurden erste Impfstoffe gegen RSV zugelassen, die seit Kurzem auch in den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums abgebildet sind. Diese Empfehlungen gelten für Personen über 60 Jahre, aber auch für Personen mit schweren Grunderkrankungen ab 18 Jahren. Für Neugeborene gibt es bereits seit vielen Jahren eine etablierte passive Immunisierung die ausschließlich für Risikosäuglinge und Frühgeborene zur Verfügung steht und die in der RSV-Saison einmal monatlich verabreicht werden muss. Eine passive Immunisierung für alle Kinder in ihrer ersten RSV Saison, die nur noch einmal pro Saison notwendig ist, wird für nächstes Jahr erwartet. Eine weitere Schutzmöglichkeit ist die Impfung werdender Mütter, die sich in der Schwangerschaft impfen lassen können, um durch die Weitergabe der mütterlichen Antikörper das Neugeborene zu schützen. Diese mütterliche Impfung wurde Ende August von der EMA zugelassen.

Der ÖVIH denkt aber schon einen Schritt weiter, Präsidentin Gallo-Daniel betont daher: „Wichtig wäre, diese neuen Immunisierungsmöglichkeiten auch in ein Gesamtkonzept der öffentlichen Hand zum lebenslangen Impfen einzubinden. Dazu gehören natürlich eine entsprechende Aufklärung der betroffenen Personengruppen zum Erkrankungsrisiko und den Schutzmöglichkeiten, ein niederschwelliger und einfacher Zugang sowie Finanzierungsmöglichkeiten.“

[1] Osei-Yeboah R, et.al., RESCEU investigators. Estimation of the number of RSV-associated hospitalisations in adults in the European Union. J Infect Dis. 2023 May 29:jiad189. Epub ahead of print. PMID: 37246742

[2] Centers for Disease Control and Prevention. RSV in older adults and adults with chronic medical conditions. Accessed July 27, 2021

[3] Savic M, Penders Y, Shi T, Branche A, Pirçon JY. Respiratory syncytial virus disease burden in adults aged 60 years and older in high-income countries: A systematic literature review and meta-analysis. Influenza Other Respir Viruses. 2023 Jan;17(1):e13031.

[4] Ambrosch A, Luber D, Klawonn F, Kabesch M. Focusing on severe infections with the respiratory syncytial virus (RSV) in adults: Risk factors, symptomatology and clinical course compared to influenza A / B and the original SARS-CoV-2 strain. J Clin Virol. 2023 Apr;161:105399. Epub 2023 Feb 14. Erratum in: J Clin Virol. 2023 Apr 12;:105443.

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